Lebenslauf

Irgendwie passte es: Die Herkuleskeule wurde 1961 vom Dresdner Kabarettisten Manfred Schubert ausgerechnet im Keller einer alten Kirchenruine am Altmarkt gegründet. Dass es sich um die Reformierte Kirche handelte, war quasi ein Fingerzeig. Denn reformieren, verändern wollten die Kabarettisten schließlich auch. Die ersten Auftritte fanden allerdings zunächst im damaligen Jugendclubhaus „Martin Andersen Nexö“ (der heutigen „Scheune“) in der Dresdner Neustadt statt - erst im August zog das Ensemble dann in den Kirchenkeller um. Schon zwei Jahre später, am 30. Juni 1963, ging es dann vorübergehend wieder zurück in die Neustadt, weil die Kirche abgerissen werden sollte. Wiederum zwei Jahre später wartete dann das nächste – vermeintliche - Provisorium auf die Keule: 1965 zogen die Kabarettisten „vorrübergehend“ ins Obergeschoss des neugebauten Wohngebietskulturhauses am Sternplatz um. Ein Provisorium, das dann allerdings 52 Jahre anhielt … Erst 2017 zog die Herkuleskeule in den neuen Kabarettkeller im sanierten Kulturpalast – und damit quasi zurück an den Altmarkt.

Doch zurück zum Start: Schnell machte sich das Ensemble einen Namen unter den Kabaretts der Republik. Erst recht, nachdem 1970 mit Wolfgang Schaller ein neuer Autor aus Görlitz an die Elbe wechselte und für Furore sorgte. Eigentlich sollte auch er nur vorrübergehend aushelfen, weil Keulen-Gründer Schubert in eines der zahlreichen politischen Fettnäpfchen getreten war und ein halbes Jahr zur Parteischule musste … Aber Wolfgang Schaller blieb – und so wurden er und die Keule zum regelrechten Traumpaar? Wie Schaller in den 1980-er Jahren in Peter Ensikat zudem einen genialen Partner fürs Schreiben fand. Ihre in der Herkuleskeule uraufgeführten Kabarettstücke wurden überall an den Theatern der DDR gespielt und wirkten „wie ein Eisbrecher in eingefrorenen Zeiten“, schrieb mal „Die Zeit“. Beide Autoren erhielten dafür 2009 vom damaligen Außenminister Frank-Walter Steinmeier den „Stern der Satire“ auf dem Walk of Fame des deutschen Kabaretts in Mainz. Und damit im Westen ...

Dass es die Herkuleskeule auch nach der Wiedervereinigung noch gibt, verdanken die Kabarettisten dabei nicht zuletzt der Politik. Denn die ist mitunter so schlecht gemacht, dass es nach wie vor kritische Satiriker und eben politisches Kabarett braucht, um durchzusehen. Längst steht dabei eine neue Generation auf der Bühne im Kabarettkeller im Kulturpalast. „Man wollte uns ja schon immer unter die Erde bringen“, hatte Wolfgang Schaller zum Umzug damals gewitzelt, der Anfang 2020 dann die künstlerische Leitung an seinen Sohn Philipp Schaller übergeben hat. „Das ist ein bisschen wie bei den Diktatoren in Nordkorea, nur deutlich lustiger“, kommentiert Philipp Schaller in seiner bekannt schwarzhumorigen Art. Und ja, Dresden geht tatsächlich gern zum Lachen in den Keller. In den Kabarettkeller der Herkuleskeule nämlich.