Mittwoch, 14. Mai 2025

"Die Leute sind nicht festgefahren!"

Frank Weiland spielt seit gut 20 Jahren an der Herkuleskeule in Dresden politisches Kabarett. Ist das noch zeitgemäß? Unbedingt, sagt er. Im Gespräch verrät er zudem sein Geheimnis, warum er so schnell neue Texte lernen kann.

Sie haben mal für ein kleines Theater in Dresden über Nacht die Rolle des Pucks aus Shakespeares Sommernachtstraum erarbeitet, weil ein Schauspieler kurzfristig ausgefallen war. Am nächsten Tag haben Sie gespielt. Sie nennen sich selbst einen „Schnell-Lerner“, eine Gabe, die Ihnen doch sicher gerade im aktuell politischen Kabarett entgegenkommt?

Das kommt mir tatsächlich sehr entgegen. Denn natürlich ändern sich die Texte auf der Bühne genauso schnell wie die politischen Entwicklungen vor der Haustür. Bei unserem Stück „Tunnel in Sicht“ gab es jüngst sogar mal vier Änderungen, die wir geprobt haben, davon ist eine nicht mal auf die Bühne gekommen, weil sich die Lage bereits wieder geändert hatte … Aber genau das macht mir Spaß!

Wie lernt man denn so schnell neue Texte?

Ich würde sagen, ich habe ein fotografisches Gedächtnis. Das heißt, ich lerne quasi optisch. Ich weiß, wo was in einem Buch steht und merke mir auf diese Weise die Inhalte. Und ich merke mir auch, was die anderen auf der Bühne zu sagen haben, auch daran orientiere ich mich dann.

Sie haben schon an sehr vielen verschiedenen Theatern nicht nur in Dresden und Umgebung gespielt, was reizt Sie am Kabarett, dass Sie nun schon gut 20 Jahre in der Herkuleskeule auf der Bühne stehen?

Ich war viele Jahre im Norden aktiv, habe zum Beispiel bei der Bremer Shakespeare-Company gespielt oder in Lübeck den Lokomotivführer in „Jim Knopf“. 1999 bin ich dann in der Keule eingestiegen – und nach einer Pause bin ich seit 2018 wieder regelmäßig hier im Kabarettkeller. Anfangs wusste ich gar nicht, dass mir Kabarett liegt – aber das habe ich hier an der Herkuleskeule sehr schnell gelernt. Ich finde es wie schon angedeutet unfassbar reizvoll, dass es hier so politisch und aktuell zugeht. Diese Spontanität, dieses immer wieder Neue – anders als im Theater, wo es ja nur feste Texte gibt. Auch das Spiel mit dem Publikum ist für mich spannend. Zudem ist die Herkuleskeule ja ein Ensemble-Kabarett; und ich bin ein echter Team-Player. Also auch das kommt mir entgegen.

Ketzerisch gefragt: Sie geben Ihren Rollen auf der Kabarettbühne gern einen Hauch schwejk’schen Humors. Nimmt das derzeit mitunter in seiner politischen Meinung festgefahrene Publikum so Ihre Pointen ein bisschen weniger mürrisch hin?

Ich würde gar nicht sagen, dass die Leute in ihren Meinungen festgefahren sind. Sie hören sich schon an, was andere über die Dinge denken. Aber sie zeigen eben durchaus, dass sie es anders sehen. Das finde ich aber nicht schlimm. Diese Offenheit ist doch gut. Eines ist aber klar: Die Meinungen im Publikum sind in den vergangenen Jahren einfach deutlich unterschiedlicher geworden. Und ich muss als Kabarettist einfach damit leben, mit meinen Aussagen nicht mehr von jedem im Publikum sozusagen geliebt zu werden.

Würden Sie denn sagen, dass es erfolgreicher wäre, weniger politisch zu sein?

Ganz und gar nicht! Die Leute kommen ja zu uns in die Herkuleskeule gerade, weil wir ein politisches Kabarett sind. Sie erwarten politische Inhalte. Ich bin überzeugt, dass sich das Publikum ganz bewusst zwischen Comedy oder politischem Kabarett entscheidet.

Regelmäßig sind Sie auch als Regie-Assistent gefragt. Jetzt wieder für die gestarteten Proben für das neue Sommerstück „Nur die Harten komm‘ in Garten!“. Wie ist das, als Kollege plötzlich Anweisungen geben zu müssen?

Ich sehe mich als Regie-Assistent ja nicht in der Rolle, irgendwelche Anweisungen zu geben. Ich bin Unterstützer der Regie. Ich koche Kaffee, sorge dafür, dass alle das aktuelle Textbuch haben, unterstütze beim Textlernen und bin sozusagen der Mann für die Wellness während der Proben. Oder ich fahre los, um zum Beispiel Plastetomaten zu kaufen, die wir für unser voriges Sommerstück „Die Erde hat eine Scheibe“ an einen Holzzaun hinter der Bühne drapiert haben - zudem habe ich auch Requisiten selber gebaut, um den Techniker zu entlasten. Ich bin gespannt, was da diesmal für „Nur die Harten komm‘ in Garten!“ auf mich zukommt  …